Widerstand durch Wissen
St. Wendel, 26.11.2025
Zur Wasserwirtschaft im Gebiet Missionshaus bestehen weiterhin offene Fragen. Unser Schreiben vom 19.11.25 an Bürgermeister Klär legt diese Punkte transparent dar. Lesen Sie selbst!
An den Bürgermeister der Kreisstadt St. Wendel
Peter Klär
Vorhaben der Stadt im Bereich des Missionshauses
Unser Schreiben per E-Mail vom 9.9.2025
Ihr Antwortschreiben vom 24.10.2025, AZ 02231-001
Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
vielen Dank für Ihr Schreiben vom 24.10.2025, in dem Sie unsere Fragen bezüglich der Kanalisation und des Bosenbachs im Zusammenhang mit der seitens der Stadt vorgesehenen Erschließung des Areals Missionshaus aus Ihrer Sicht beantwortet haben. Grundsätzlich bestätigen Sie uns, dass bei Realisierung der Maßnahme sowohl im Bereich des Bosenbach als auch innerhalb der Kanalisation keinerlei hydraulische Probleme zu erwarten sind.
Aus der Präsentation vom 31.10.2024 (Stadtratssitzung TOP Ö4), auf die Sie mehrfach hinweisen, kann entnommen werden, dass der Bosenbach auch nach der Realisierung des Erschließungsgebietes ein statistisch alle hundert Jahre auftretendes Hochwasser ableiten kann. Bereists heute treten allerdings bei einem hundertjährigen Hochwasser Probleme im Bereich der Missionshausstraße auf, die auch der Gutachter – PROAQUA – im Hochwasser- und Starkregenkonzept der Stadt St. Wendel festgestellt, und auf entsprechende Maßnahmen hingewiesen hat. Hier stellt sich uns die Frage, wie ernst nimmt die Stadt diesen Hinweis aus dem Gutachten? Welche konkreten Maßnahmen sind seitens der Stadt geplant? Wir gehen davon aus, dass die vom Gutachter als notwendig gesehenen Maßnahmen vor der Realisierung des Vorhabens Missionshaus umgesetzt werden sollen, da die Stadt bestimmt alles unternehmen wird, um die jetzt schon bestehende Hochwassergefahr der Unterlieger nicht weiter zu verschlechtern.
Auch was die Kanalisation betrifft, ist nach Ihrer Aussage alles in Ordnung und entspricht den gesetzlichen Vorgaben. Auch in diesem Punkt verweisen Sie auf die o. g. Präsentation vom 31.10.2024: „Die Leistungsfähigkeit des Kanalsystems ist auch bei Berücksichtigung der geplanten Entwicklung des Missionshausareals nach den anerkannten Regeln der Technik gesichert.“
Unsere Frage nach möglichen Fehleinleitungen in den Bosenbach haben sie kategorisch verneint. Unsere Frage, wann die Kanäle zum letzten Mal gespült und gefilmt wurden, haben Sie gar nicht beantwortet, denn in der Präsentation auf die Sie immer wieder verweisen, finden sich keine entsprechenden Hinweise. Soweit uns bekannt existieren für das Filmen von öffentlichen Kanälen Vorgaben und gesetzliche Vorschriften. Darüber hinaus sollten besonders im Fokus stehende Kanäle häufiger unterhalten und gereinigt werden, da so abflussbehindernde Ablagerungen und Querschnittseinengungen, die letztendlich zu einer Reduzierung der hydraulischen Leistungsfähigkeit im Hochwasserfall führen, minimiert werden können.
Des Weiteren haben Sie keinerlei Angaben zu den Ihnen vorliegenden Gutachten gemacht, auf deren Grundlage Sie diese, doch entscheidenden Aussagen, getätigt haben. Wir gehen davon aus, dass die Stadt diese Erkenntnisse aus den Ergebnissen einer, der vorgesehenen Größe des Missionshausareals entsprechenden, belastbaren Kanalnetzberechnung sowie eines Niederschlag-Abflussmodells gewinnen konnte. Sie weisen lediglich darauf hin, „dass es Gutachten gibt, die in den verbindlichen Bebauungsplan einfließen, und der Bebauungsplan erst dann verbindlich wird, wenn der Stadtrat ihn beschließt und die öffentliche Bekanntmachung erfolgt.“ Für uns stellt sich die Frage, ob es dann nicht schon zu spät ist.
Weiter führen Sie aus: „Kostenbeteiligung sowie weitere Regelungen der Erschließung unterliegen dem Städtebaulichen Vertrag. Dieser ist dem Stadtrat vorbehalten. Ein Beschluss hierzu liegt derzeit nicht vor.“ Wie Sie weiter ausführen entstehen für die Bürger keine investiven Kosten. Erst nach Übernahme der fertigen Anlage(n) durch die Stadt werden diese, wie alle Anlagengüter der Stadt, erfasst, abgeschrieben, und in der Abwassergebühr berücksichtigt. Wir halten diese Aussage im Zusammenhang mit einem Vorhaben dieser Bedeutung für nicht angepasst. Bereist zum heutigen Zeitpunkt sollte und könnte eine sorgfältige Erfassung und kontinuierliche Fortschreibung aller Kosten durch die Stadt erfolgen. Nur so kann gewährleistet werden, dass das Projekt finanziell nicht außer Kontrolle gerät.
Uns würde in diesem Zusammenhang auch interessieren, von welchen Gesamtkosten die Stadt bei der Umsetzung der Maßnahmen ausgeht. Wann und wie die einzelnen Projekte zeitlich umgesetzt werden sollen, könnte auch jetzt schon im Wirtschaftsplan der Stadt entsprechend dargestellt und fortlaufend angepasst werden.
Die Feststellung, dass keine Niederschlagswasserbewirtschaftungsstudie für die Stadt und somit auch für das Gebiet Missionshaus existiert, halten wir für problematisch, zumal eine solche Studie entsprechend der Richtlinie für die Gewährung von Zuwendungen für Maßnahmen zur Verbesserung der Gewässergüte – Aktion Wasserzeichen – durch das Land gefördert wird, und daraus wesentliche Erkenntnisse für die einzelnen wasserwirtschaftlichen Planungen gewonnen werden könnten.
Hochwasserschutz ist angesichts des zunehmenden Klimawandels und häufig werdender Extremwetterereignisse von zentraler Bedeutung. Die Bauleitplanung erlangt dabei eine immer entscheidendere Rolle, um Hochwasserschutzmaßahmen zu integrieren und Schäden zu minimieren. Im Wasserhaushaltsgesetz (WHG) und im Baugesetzbuch (BauGB) sind die rechtlichen Rahmenbedingungen festgelegt, die die Schnittstelle zwischen Hochwasserschutz und Bauleitplanung regeln. Insbesondere müssen Baumaßnahmen so gestaltet werden, dass Hochwasser keine zusätzlichen Risiken schafft.
Die Integration von Hochwasserschutzmaßnahmen in die Bauleitplanung erfordert eine sorgfältige Abwägung der verschiedenen Interessen und die Einhaltung der rechtlichen Vorgaben im WHG und BauGB. Diese Gesetze bieten der Stadt ausreichend Spielräume, um den Hochwasserschutz in ihre Planungen zu integrieren und so die Sicherheit der Bevölkerung und den Schutz vor Hochwasserschäden zu gewährleisten.
Bitte bestätigen Sie uns kurzfristig per E-Mail den Erhalt und die Kenntnisnahme dieses Schreibens.
Mit freundlichen Grüßen,
für die Bürgerinitiative „Missionshaus – Zukunft mit Weitblick“
Anton Stier und Miriam Steinmetz
Anbei stellen wir zwei Seiten aus der „Defizitanalyse“ aus dem Vorsorgekonzept Hochwasser und Starkregen, erstellt von ProAqua Ingenieurgesellschaft für Wasser- und Umwelttechnik mbH am 20.11.2020 zur Verfügung, da im Schreiben darauf hingewiesen wird.
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